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Synopsis - Technische Daten - Essay über Global Shopping Village

 

DVD bestellen: Golden Girls Filmproduktion
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Synopsis

Global Shopping Village begleitet einen Shoppingcenterentwickler und seine Branchenkollegen. Sie planen und realisieren Shoppingcenter. Wir beobachten sie bei der Arbeit, lernen ihre Strategien kennen und folgen ihnen in die verschlungenen Netzwerke des internationalen Kapitals. Doch ihr Handeln bleibt nicht ohne Folgen. An drei repräsentativen Orten in Österreich, Deutschland und Kroatien führen uns Kritiker und Brancheninsider durch die vielfältigen Auswirkungen: Wir besuchen eine Stadt, die ihre Funktion verloren hat, sehen die Blüten von Boom und Blase und erleben, wie sich mählich Widerstand zu formieren beginnt.
Dieser österreichische Dokumentarfilm (eine Produktion von Golden Girls Filmproduktion) zeigt, dass die Immobilienbranche nicht nur Auswirkungen auf das globale Finanzsystem hat, sondern dass sie auch dramatisch unsere Städte und unsere Lebenswelt verändert.

Technische Daten

Länge: 80 min.
Originalsprache: Deutsch, Kroatisch, Englisch
Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch
Original Format: HD
Vorführformat: BluRay, DCP, 16:9
Tonformat: SRD 5.1; Stereo
Drehorte: Wien, Cannes, München, Zagreb, Steiermark, Niederösterreich, Oberösterreich, Düsseldorf, Bulgarien
Drehzeit: 2012 - 2013
Fertigstellung: März 2014

Eine Produktion von
Golden Girls Filmproduktion & Filmservices GmbH und Nukleus Film

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Verleih Österreich

Logos - Polyfilm

 

Mit der Unterstützung von

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ein Essay von Helmut Neundlinger über Global Shopping Village

Shoppingcenter verschandeln die Landschaft, ruinieren gewachsene Stadtstrukturen und vernichten Arbeitsplätze. Die Politik befördert die zerstörerischen Auswüchse im Zweifelsf mit Ausnahmeregelungen. Der österreichische Dokumentarfilm „Global Shopping Village“ beleuchtet die globalen Ursachen des Phänomens ebenso wie seine lokalen Auswirkungen.

Shoppingcenter und Fachmarktzentren sind in Österreich gegenwärtig. Neben den Speckgürtelsiedlungen bilden sie das prägende architektonische Element an der Schnittstelle zwischen Ort- und Landschaften. Oft breiten sich die Agglomerationen von Elektromärkten, Einrichtungshäusern, Modeketten und Autozubehörgeschäften kilometerweit entlang von Durchzugsstraßen und Ortseinfahrten aus. Sie tragen hochtrabende Namen wie „Arena“ oder „Paradise“. Ihre architektonische Gestaltung wirkt austauschbar, das dazugehörige Parkplatzgelände überdimensioniert. Ihre bevorzugte Lage: brachliegende Grünflächen oder ehemalige Fabriksgelände am Rand von Klein- und Mittelstädten. Ihr Programm: die möglichst bequeme und freizeittaugliche Organisation des Konsums.

„Mitte der 1990er Jahre hatte ich ein einschneidendes Erlebnis“, erzählt die 1970 geborene österreichische Filmemacherin Ulli Gladik. „Da war ich für ein paar Wochen in den USA und habe die endlosen Aneinanderreihungen von Shopping Ms am Rand der Städte zum ersten Mal mit eigenen Augen gesehen.“ Kurz nach ihrer Rückkehr nach Österreich nahm sie in ihrer Heimatgemeinde, dem steirischen Murau, eine Entwicklung wahr, die sie fatal an ihre Eindrücke aus Amerika erinnerte: Am Ortsrand begann sich ein Fachmarktzentrum mit rasender Geschwindigkeit auszubreiten. „Murau hat eine hübsche Altstadt und verfügte eigentlich über ein intaktes kleinstädtisches Leben“, erzählt Gladik. Damit war es nun vorbei: Innerhalb von nur fünf Jahren vollzog sich ein rasantes Alstadtsterben. Die Stadt war umzingelt von Kreisverkehren und erinnerte mehr an Vösendorf mit seinem Shopping Center Süd als an eine gewachsene Kleinstadt mit eigenständigem Charakter.

Das virale Wachstum von Einkaufszentren griff nicht nur in Murau, sondern in ganz Europa um sich. „Die Shoppingcenterfläche hat sich in Europa in den letzten 20 Jahren auf 160 Millionen m2 verdreifacht. Diese Fläche entspricht dem Staatsgebiet von Liechtenstein.“ Mit dieser nüchternen Information beginnt der Dokumentarfilm „Global Shopping Village“, in dem Ulli Gladik jenem Unbehagen auf den Grund gegangen ist, das sie angesichts der rücksichtslosen kommerziellen Verbauung von Murau schon in den 1990er Jahren beobachtet hatte.

„Ich wollte einfach wissen, was hinter diesem Bauwahn steckt“, sagt Gladik, die sich selbst als „Quereinsteigerin“ in der heimischen Dokumentarfilmszene bezeichnet. Ihr künstlerischer Werdegang setzte 1995 ein, als sie ein einjähriges Studium der Fotografie an der Fotoschule der Künstlerin und Psychoanalytikerin Friedl Kubelka in Wien absolvierte. Über das daran anschließende Kunststudium an der Akademie der Bildenden Künste erhielt sie auch Zugang zur Nutzung einer Videokamera und eignete sich in Kursen die Schnitttechnik an. Nach anfänglich experimentellen Ansätzen entwickelte Gladik ein zunehmend dokumentarisches Interesse. Für ihre erste Kurzdokumentation „drei cents“ (2004) begleitete sie etwa Müllsammler in der bulgarischen Hauptstadt Sofia, in der sie ein Studienjahr verbracht hatte. Internationale Beachtung fand schließlich „Natasha“ (2008), das Porträt einer bulgarischen Bettlerin, die Gladik in Graz kennen gelernt hatte. Der Film zeichnet ein vielschichtiges Bild des Überlebenskampfes am sozialen Rand jenseits medial verbreiteter Klischeebilder à la „Bettelmafia“.

Gladiks neuer Film „Global Shopping Village“ setzt den filmischen Ansatz von „Natasha“ konsequent fort. Wie schon in ihrer ersten größeren Arbeit erzeugt sie auch hier den narrativ-investigativen Sog mittels einer Methode, die sie selbst das „Schaffen einer natürlichen Gesprächsnähe“ nennt. Die Kamera kommt den Gesprächspartnern oft sehr nahe, ohne jedoch entstellend oder übergriffig zu sein. Die in langen Vorgesprächen entwickelte Nähe zum Gegenüber hat zur Folge, dass die Interviewten mit großer Offenheit und persönlicher Präsenz über ihre Arbeit und ihr Leben sprechen. Daraus entstand in „Global Shopping Village“ das außergewöhnliche Kaleidoskop jener Branche, die für die Planung, Errichtung und Erhaltung von Einkaufszentren verantwortlich zeichnet.

Die Filmemacherin heftet sich zunächst an die Fersen eines sogenannten „Shoppingcenterentwicklers“. Diesen Berufszweig kann man zwar bislang noch auf keiner Fachhochschule studieren, dafür aber bei entsprechender Hartnäckigkeit und Vernetzung mit exquisiter Rendite betreiben. Auffällig ist der Habitus des männlichen Tüftlers, der seine Phantasien einer schönen neuen Einkaufswelt vorbehaltlos in die Landschaft projiziert. Als etwa der niederösterreichische Entwickler Thomas Kronsteiner, ein ehemaliger Fußbtormann und derzeit nebenbei Obmann des Zweitligaklubs SV Horn, mit seinem Auto durch die Weinviertler Landschaft fährt, deutet er mit großer Erregung aus dem Fenster: „Da ist ein Kraftort in der Nähe. An solchen markanten Plätzen, die den Menschen seit Jahrhunderten etwas geben, möchte ich meine Zentren uneingeschränkt bauen dürfen.“

Ausgehend von einzelnen Akteuren entfaltet Gladik eine Recherche von globalen Ausmaßen, die ihren Ausgangspunkt im Weinviertel nimmt und nach Deutschland, Frankreich, Kroatien und Bulgarien führt. Die Brisanz ihrer Aufnahmen ist nicht zuletzt dem Zeitpunkt geschuldet, in dem sie die Arbeit an ihrem Film begann: Es war die Zeit nach der großen Finanzkrise im Herbst 2008, als sich auch in der bis dahin geradezu märchenhaft boomenden Shoppingcenterbranche Katerstimmung breitmachte. Im Sog dieses Wundenleckens gerät „Global Shopping Village“ zum Sittenbild einer Welt, in der sich die manisch-depressiven Zyklen des Finanzkapitalismus seismographisch abzeichnen. „Vor 2008 ist das Geld in Osteuropa praktisch auf der Straße gelegen“, erzählt der damals in Rumänien tätige Thomas Kronsteiner. „Der Veranlagungsdruck auf dem Finanzmarkt war so groß, dass die Investmentfonds nicht einmal nachfragten, wofür das Geld überhaupt verwendet wurde.“ Nicht wenige steckten es in den Bau von Shoppingcentern – und der Erfolg gab ihnen anfangs auch auf trügerische Weise recht. So lange jedenfs, bis die Branche im Zuge der Nachbeben des Herbst 2008 gewaltig floppte.

Begonnen hat es ziemlich genau 40 Jahre früher, im Jahr 1968. Damals wurde ein deutscher Architekt namens Walter Brune beauftragt, ein Einkaufszentrum am Stadtrand von Mülheim an der Ruhr zu gestalten. Der mit Berufserfahrung in den USA ausgestattete Brune ging mit großem Eifer ans Werk, wie er im Film berichtet. Sein 1973 fertig gestellter Bau namens „RheinRuhrZentrum“ wurde auch ein durchschlagender Erfolg – erdings mit verheerenden Folgen für das Stadtzentrum. Den mit billigeren Mieten und größeren Flächen geköderten Geschäftsleuten folgten schließlich auch die Innenstadtbewohner in das Einkaufszentrum. „Als ich das sah, wusste ich: Ich habe eine Stadt zerstört, indem ich ihr die Seele und das Herz herausgerissen habe“, erklärt der Architekt. Der mittlerweile längst vom Saulus zum Paulus bekehrte 88-Jährige ist nach wie vor als glühender Kämpfer gegen sein eigenes architektonisches Erbe im Einsatz. erdings konnte auch er nicht verhindern, dass sein „RheinRuhrZentrum“ gewissermaßen zum Prototypen für eine Entwicklung wurde, die seit den 1980ern weite Teile Westeuropas erfasste und sich nach der Jahrtausendwende auf Ost- bzw. Südosteuropa ausdehnte.

Dabei hätte die Politik durchaus Möglichkeiten, den fatalen Entwicklungen zu begegnen. Zumindest hierzulande sind die Verantwortlichen durch Raum- und Gewerbeordnung de jure zu einer Flächenwidmung unter nicht bloß rein kommerziellen, sondern auch gemeinnützigen Aspekten verpflichtet. Eine der bittersten Erkenntnisse von Ulli Gladiks filmischen Recherchen lautet, dass die zuständigen Instanzen de facto zuoft versagen. Besonders deutlich wird dies an einem der Hauptschauplätze von „Global Shoppping Village“, der im Jahr 2000 eröffneten „Arena Fohnsdorf“ im steirischen Bezirk Murtal. Das ursprünglich für lediglich 5.000 m2 zusammenhängende Einkaufscenterfläche genehmigte Areal hat sich mittlerweile auf fast 50.000 m2 Verkaufsfläche ausgedehnt und wächst weiter munter vor sich hin.

Gladik trifft hier auf die Aktivistin Silvia Hartleb, eine Kaffeehausbesitzerin in Zeltweg, das zusammen mit Fohnsdorf, Judenburg, Knittelfeld und einigen kleineren Dörfern ein Einzugsgebiet von ungefähr 70.000 Bewohnern bildet. Hartleb hat für ihren Kampf gegen die Expansion von Shoppingcenterflächen auf brachliegenden Grünflächen den Verein „Raumordnung Steiermark“ gegründet. Sie konfrontiert sowohl Gemeindevertreter als auch Landespolitiker regelmäßig mit den Folgen und Auswüchsen der Entwicklung. Erklärungsbedarf vonseiten der Politik gibt es genug: Denn abgesehen von der konsequenten Außerkraftsetzung der geltenden Gesetzeslage hat sich auch das Versprechen eines Zuwachses an Arbeitsplätzen durch die Arena nicht erfüllt. Den dort geschaffenen 700 Arbeitsplätzen, die sich bei genauer Betrachtung zu 70 % als Teilzeitjobs entpuppen, stehen ein in Judenburg 90 verlorene Vollzeitarbeitsplätze in den Jahren 2000 bis 2005 gegenüber. Nimmt man e Gemeinden der Region Murtal zusammen, lässt sich abschätzen, dass seit Bestehen des Zentrums deutlich mehr Arbeitsplätze vernichtet als geschaffen worden sind.

Die sukzessive Erosion der Städte beschränkt sich jedoch nicht nur auf das Sterben des Einzelhandels, sondern betrifft die gesamte soziale und kulturelle Dynamik. Gladiks Dokumentarfilm zeigt diese Entwicklung in drastischen Bildern: Während die Straßen der an und für sich sehenswerten Judenburger Innenstadt verwaisen, tummelt sich Jung und Alt auf dem Parkplatz der Fohnsdorfer Arena bei Volksfesten. Mit großem Stolz erzählt der Leiter des Shoppingcenters, dass sich junge Menschen via Facebook Wohnungen auf dem Gelände des Shoppingcenters wünschen. „Gegen das Internet als größtem Mitbewerber haben wir nur eine Chance, wenn wir der Treffpunkt von Menschen bleiben, an dem Kommunikation stattfindet“, sagt er. Dann gibt er noch seine große Vision preis: den Bau eines Parkdecks, auf dessen Dach Theater- und „Multikulti“-Veranstaltungen stattfinden sollen. Bezeichnenderweise gehen andere Shoppingcenterentwickler in jüngster Zeit dazu über, ihren Zentren pseudokleinstädtische Fassaden zu verpassen, um das fehlende Flair zumindest oberflächlich zu kompensieren.

Angesichts der Abwanderungstendenzen aus ländlichen Regionen aufgrund des Schwindens von Arbeitsplätzen stellt sich die Frage, woher in Zukunft die Kaufkraft kommen soll, auf die der Weiterbetrieb der Shoppingcenter angewiesen ist. Der Film „Global Shopping Village“ arbeitet die zerstörerischen Mechanismen jenes Geldes, das lokale Märkte binnen kurzer Zeit ankurbelt, ebenso schnell aber überhitzt und verbrennt, sorgfältig heraus. In Zagreb etwa stößt Gladik auf das Einkaufszentrum „King Cross“, das fast vollkommen leer steht. Um dem deprimierenden Bild zumindest optisch entgegenzuwirken, ist die Leiterin Renata Vlasic Novakovic auf die originelle Idee verfen, die gähnend leeren Auslagen mit riesigen Feelgood-Postern auszutapezieren. Von diesen übergroßen Fototapeten lächeln glückliche Menschen herab und werden dabei von Sprüchen wie den folgenden flankiert: „e Träume können wahr werden, wenn man den Mut hat, sie zu verwirklichen.“ Mit gequältem Lächeln erzählt Vlasic Novakovic von den „happy days“ des kroatischen Kaufrausches: „Die Banken vergaben freizügig Kredite und Darlehen. Die Leute gaben mehr aus, als sie hatten.“ Fast wortident formuliert dies übrigens ein Shoppingcenterentwickler aus der Türkei, einem der derzeitigen Hoffnungsmärkte der Branche. Ungefähr 50 % er Einkäufe in der Türkei würden über Kreditkarten abgewickelt, erzählt er mit strahlendem Lächeln: „The people keep spending their future income!“ Fast überflüssig zu erwähnen, dass Banken als Investoren eine große Rolle im Shoppingcenter-Business spielen. Die Karawane zieht weiter und hinterlässt verbrannte Erde.

Übrig bleiben am Ende auf der einen Seite Innenstädte, die durch den Abzug der Kaufkraft zu nicht minder gespenstischen Wracks heruntergesandelt sind, und auf der anderen Seite die Ruinen des systemimmanenten Wahnsinns in Form von Leerstand. Für Ulli Gladik stellt sich nach Abschluss der Dreharbeiten die Frage, was mit den abgewirtschafteten Shopping Ms passieren soll: „Wie kann man das in Zukunft so nachnutzen, dass die Menschen etwas davon haben? In Bukarest wurde ein Einkaufszentrum geschlossen, und da gibt es das Gerücht, dass daraus jetzt ein Spital gemacht werden soll.“