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Schulmaterial

 

1. Von Victor Gruen und Walter Brune - Die Geschichte des Einkaufszentrums
2. Von Boom, Blase und Pump

 

1. Von Victor Gruen und Walter Brune - Die Geschichte des Einkaufszentrums

Walter Brune bedauert in Global Shopping Village, dass er 1968, als er das erste Einkaufszentrum in Mühlheim, Deutschland geplant hat, nicht die Folgewirkung abschätzen konnte. Erst einige Jahre später erfuhr Brune, dass „der Stadt durch das Shoppingcenter das Herz herausgerissen wurde“. Fortan plante er nie wieder ein großes Einkaufszentrum, sondern entwickelte das Konzept der Stadtgalerie. Die Stadtgalerie ist ein kleines Einkaufszentrum, das sich in die Stadt einfügt und sie ergänzt, statt ihr Konkurrenz zu bieten. Walter Brune ist nicht nur Architekt sondern auch Herausgeber vieler einkaufscenterkritischer Bücher und wird von der Fachwelt als der deutsche Victor Gruen bezeichnet. Doch wer war Victor Gruen?

Victor Gruen war ein österreichischer Architekt und Stadtplaner. Er musste aufgrund seiner jüdischen Wurzeln 1938 in die USA flüchten. Dort konnte er sich schließlich als Architekt etablieren und bekam große Bauaufträge. In den Weiten der amerikanischen Vorstadtsiedlungen vermisste Gruen das innerstädtische Leben von Wien. 1952 baute er schließlich in Northland bei Detroit sein erstes Einkaufszentrum, in dem die Besucher nicht bloß einkaufen, sondern auch ihr Bedürfnis nach Stadt befriedigen können. Im Northland Center gibt es Theater, Kinos, Begegnungszonen, Brunnen, es sollte mitten in der amerikanischen Vorstadt ein wichtiger Ort der Begegnung werden. Denn Gruens Hauptinteresse galt der Schaffung einer lebenswerten Umwelt für den Menschen.

Mit dem Northlandcenter wurde Gruen zum Erfinder des „Shoppingcenters“, das schließlich seinen Siegeszug durch die ganze Welt antrat. Dass sich das Shoppingcenter aber auch dort etablierte, wo es die gewachsene Innenstadt gab, war natürlich nicht im Sinne Gruens. Dass Shoppingcenter letztendlich auch diese gewachsene Stadt zerstörten, weil sie ihr eine starke Konkurrenz boten, musste er – genauso wie Walter Brune - schließlich mit Entsetzen feststellen.

Ende der Sechziger Jahre kehrte Victor Gruen nach Wien zurück und arbeitete hier an der „Charta für Wien“. Er entwickelte Konzepte einer menschengerechten Stadt mit kurzen Wegen. Gruen war auch maßgeblich an der Umwandlung der Wiener Kärntner Straße zu einer Fußgängerzone beteiligt. Und er betonte immer wieder, dass er nicht der Vater des Shoppingcenters ist. Er zeigte sich entsetzt darüber,  dass Immobilienkonzerne sein Konzept der „Shopping Town“ entführt und zur reinen “Verkaufsmaschine” reduziert haben.

Quellen: Der Gruen Effekt, Kinofilm von Anette Baldauf und Katharina Weingartner, Wikipedia, 

 

2. Von Boom, Blase und Pump


Der Shopppingcenterboom

In Europa hat sich die Shoppingcenterfläche in den letzten zwanzig Jahren verdreifacht. Mit 160 Millionen Quadratmeter entspricht sie heute der Staatsfläche von Liechtenstein.

Shoppingcenterflächenentwicklung in Europa
1991:   40 Millionen  Quadratmeter
1998:   60 Millionen  Quadratmeter
2008: 120 Millionen  Quadratmeter
2013: 160 Millionen  Quadratmeter

Das größte Shoppingcenter Österreichs, die SCS in Vösendorf, weist eine Verkaufsfläche von 130.000 Quadratmeter auf, wobei Ikea und Multiplex-Kino  nicht einberechnet sind. Österreich liegt insgesamt an der europäischen Spitze, wenn man die Shoppingcenterfläche pro Einwohner betrachtet. Überholt wurde Österreich kürzlich von den  baltischen Ländern und Slowenien. Unser kleiner südlicher Nachbar verfügt über 0,4 Quadratmeter Shoppingcenterfläche pro Einwohner. Österreich selbst liegt bei 0,34 Quadratmeter pro Einwohner. Massiv aufgeholt hat in den letzten Jahren Kroatien, wo der Bauboom dazu geführt hat, dass es die ersten leer stehenden Shoppingcenter gibt.

Man unterscheidet zwischen Fachmarktzentren - das sind Aneinanderreihungen von großflächigen Verkaufsflächen an Stadträndern - und Einkaufszentren, die mit ihren überdachten Gängen, den so genannten Malls, eine bauliche Einheit bilden.  Großer Beliebtheit erfreuen sich auch so genannte Factory Outlet Center. Sie befinden sich meist abseits städtischer Lagen, gerne an Hauptverkehrswegen und geben vor, Fabriksware zu besonders günstigen Preisen zu verkaufen. An einer Stelle im Film betrachten die Architekten Holger Pump-Uhlmann und Walter Brune Fotos eines holländischen Factory Outlet Centers und sprechen über dessen Architektur. Denn Outlet Center bedienen sich gerne einer Scheinarchitektur. Die Fassaden der Verkaufsanlagen des holländischen Centers imitieren den Stil der Fachwerksbauweise, eine Bauweise, die bis ins 19. Jahrhundert im Mitteleuropa nördlich der Alpen sehr verbreitet war. Das größte österreichische Outletcenter befindet sich in Parndorf, Burgenland. Hier imitierte man eine barocke Bauweise.

Die Blase

In Österreich gibt es heute zwar weniger Neuerrichtungen, doch werden bestehende Einkaufszentren laufend vergrößert. Denn, wie Shoppingcentermanager Werner Gruber im Film sagt: … „muss man einfach schauen, dass man im vorderen Bereich, im Spitzenfeld, dabei ist“. Denn sobald ein Shoppingcenter nicht mehr die modernsten Trendsetter als Mieter hat, könnte es für die Kunden unattraktiv werden.

Heute spielt sich der Konkurrenzkampf um die Konsumenten nicht mehr zwischen Innenstadt und Shoppingcenter ab, es geht bereits vielmehr darum, dass ein neues Shoppingcenter einem älteren den Rang abläuft.

In den USA, dem Mutterland der Shoppingcenter, gibt es bereits 550 so genannten „Deadmalls“ – Shoppingcenter, die in die Jahre gekommen sind, geschlossen wurden und nun langsam verfallen. Auf der Webseite deadmalls.com findet man eine Auflistung der US-amerikanischen „Deadmalls“ mit Geschichten und Fotos. Aber auch in Österreich gibt es schon so genannte „Deadmalls“. Ein prominentes Beispiel ist „Uno Shopping“ in der Nähe von Linz, oder die Gasometer in Wien. In kleineren Städten findet man leer stehende Flächen in Fachmarktzentren, etwa in Wolfsberg, Frauenkirchen und Zeltweg. Aber auch eine „Deadmall“ im bulgarischen Ruse gehört uns ÖsterreicherInnen: Einst von der Hypo Alpe Adria finanziert, baute eine bulgarische Unternehmergruppe in Ruse an der Donau die „Dunav Mall“. Da Ruse aber bereits mit vier weiteren Malls  gesegnet war, fand die „Dunav Mall“ keine Mieter. Nun rostet sie vor sich hin. Seit der umstrittenen Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria, gehört sie der Republik Österreich. Es ist anzunehmen, dass die Hypo Alpe Adria viele solcher Objekte in ihrem Portfolio hält.

Konsumboom auf Pump

Zafer Baysal, Shoppingcenterentwickler aus der Türkei, spricht im Film darüber, dass es vor allem auch in der Türkei zu einem enormen Shoppingcenterboom gekommen ist. Allein in Istanbul sind über 90 Shoppingcenter in den letzten Jahren entstanden. Zafer Baysal spricht aber auch über die Verschuldungsquote der Türken: man hat die Möglichkeit via Kreditkarte Ratenvereinbarungen auszumachen. Diese Möglichkeit wird von vielen Leuten ausgenutzt. „The people are spending their future income - today“ freut sich Baysal in Global Shopping Village.

Mit den Shoppingcentern wächst die Privatverschuldung. Nicht nur in der Türkei, auch in den Boomländern Polen und Brasilien stieg die Schuldenquote der Privathaushalte in den letzten drei Jahren um über 100 Prozent. Mit der Hoffnung auf steigende Löhne nehmen Menschen Konsumkredite auf oder verschulden sich über ihre Kreditkarten. Bleibt das prognostizierte Wirtschaftswachstum aus, haben viele Schwierigkeiten, ihre Kredite zu bedienen.